Ein gutes Pilzjahr bedeutet auch immer viele Vergiftungsfälle. Neben zahlreichen Beratungen, bei denen der Pilzkorb begutachtet und die Giftpilze aussortiert wurden – denn viele sammeln, was sie nicht kennen – waren über ein Dutzend Vergiftungsfälle für verschiedene Kliniken zu klären. Einen besonders schweren Fall gab es in Münster. Am 17.9.2015 wurde ich durch einen Anruf um 23 Uhr 20 von der Klinik über die schwere Vergiftung eines Patienten informiert. Um 1 Uhr in der Nacht wurden mir die Pilzreste – ein fingerdicker Stiel und ein verschmutztes Basisteil – von einem Kurier gebracht. Nach der mikroskopischen Untersuchung und weiteren Bestimmungshilfen stand fest, dass es sich um den grünen Knollenblätterpilz (Amanita phaloides) handelt. Gegen 2 Uhr nachts konnte der behandelnde Arzt über die Untersuchung informiert werden. Ein paar Tage später habe ich den Arzt über den Verlauf der Vergiftung befragt. Der Patient bekam eine Lebertransplantation – ohne diese wäre er wohl verstorben. Der grüne und der weiße Knollenblätterpilz sind die giftigsten Pilze in Europa. Schon ein Exemplar kann eine Familie in tödliche Gefahr bringen. Daneben gib es ein Dutzend Arten, die ebenso tödlich giftig sind. Auch zu alte Pilze können schwere Vergiftungen herbeiführen.
Wenn jeder nur die Pilze sammelt, welche er hundertprozentig kennt, würden nicht jedes Jahr so viele Menschen daran sterben.
Von Gert Rosenstengel